Bis zum Jahre 1944 wusste man bereits, dass Zellen im Grunde aus den folgenden vier chemischen Substanzklassen bestehen: Proteine, Lipide, Polysacharide und Nukleinsäuren. Ebenso war man sich der Grundlagen der Vererbungslehre im Klaren, die besagte, dass Nachkommen bestimmte genetische Informationen jeweils von väterlicher und mütterlicher Seite aus erhalten. Unklar war jedoch, welche chemische Substanzklasse in der Zelle diese genetischen Informationen trägt.

Die Antwort auf diese Frage lieferte die Arbeitsgruppe um den Mediziner Oswald T. Avery in einem im Jahre 1944 erschienenen Artikel. Der Versuchsaufbau, der diese Entdeckung ermöglichte, basierte auf den Entdeckungen von Frederick Griffith im Jahre 1928. Dieser arbeitete mit zwei unterschiedlichen Stämmen von Pneumokokken der Bakterien-Art Pneumococcus. Der eine Stamm besitzt eine Schleimkapsel, welche das Bakterium vor dem Immunsystem des Wirtes schützt und diese Bakterien so virulent für den Wirt macht. Er bezeichnete diesen Stamm aufgrund seiner glatten Schleimoberfläche als S-Stamm, wobei S für „smooth“ steht. Die Bakterien des anderen Stammes haben diese schützende Oberfläche nicht, weshalb sie vom Immunsystem des Wirtes erkannt werden, und die Bakterien werden eliminiert. Dieser Stamm ist aufgrund dessen nicht virulent. Bezeichnet wurde dieser Stamm als R-Stamm, das R steht hier für „rough“.

Averys Gruppe nutzte diese „smoothen“ und „roughen“ Eigenschaften der Bakterien, welche die Virulenz, oder eben keine, zur Folge haben, und begann das Experiment mit dem Töten von Bakterien des S-Stammes (mit Schleimkapsel und virulent). Aus den toten Zellen wurde jeweils eine der vier chemischen Substanzklassen extrahiert, mit dem Gedanken, dass zumindest eine davon die genetischen Informationen beinhaltete. Jede der entnommenen Substanzklassen wurde nun mit Pneumokokken des R-Stammes (ohne Schleimkapsel und nicht virulent) gemischt. Gesunden Mäusen injizierte man jeweils eines der Gemische und beobachtete diese. Mäuse, die Averys Gruppe mit den Pneumokokken des R-Stammes (welche zuvor mit Proteinen, Lipiden oder Polysachariden des S-Stammes gemischt wurden) infizierte, zeigten keine Änderung ihrer Gesundheit. Diejenigen, die jedoch mit den R-Stamm-Pneumokokken infiziert wurden (welche mit Nukleinsäuren der S-Stamm-Pneumokokken in Kontakt waren) erkrankten und starben!

Was bedeutet das? R-Stamm-Pneumokokken müssen genetische Information zur Bildung der Schleimkapsel erlangt haben, andernfalls wären sie nicht in der Lage, diese zu bilden. Die einzige Möglichkeit, wie das hätte passieren können, ist eine durch die Aufnahme der Nukleinsäuren der S-Stamm-Pneumokokken. Es ließ sich dementsprechend schlussfolgern, dass die Nukleinsäure allein Träger der genetischen Information ist.

By SV

Literatur:

Griffith F (1928) The Significance of Pneumococcal Types. J Hyg, vol. 27, no. 2, pp. 11-159.

Avery OT, Macleod CM, McCarty M (1944) Studies On The Chemical Nature Of The Substance Inducing Transformation Of Pneumococcal Types: Induction Of Transformation By A Desoxyribonucleic Acid Fraction Isolated From Pneumococcus Type III. J Exp Med, vol. 79, no. 2, pp. 137-158.